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KRASIP RAK -

„Das Liebesgeflüster“

 

 Thailands einzigartige Wandmalereien
der Tai Lue im Tempel Wat Phumin, Nan

© werner dackweiler

 

 Jedermann in Thailand kennt die romantische Freske „poo marn yar marn“1 aus Nans Wat Phumin: „Das Liebesgeflüster“, das Vorzeigeobjekt der Malerei der Tai Lue2, mit dem die Stadt Nan auswärtige Touristen umwirbt und die als ‚nationaler Schatz’ angesehen wird. Gerne auf Werbebroschüren, Flugplänen, Hotelprospekten und Webseiten abgebildet, zeigt die Szene einen jungen Mann, der hinter vorgehaltener Hand seiner Geliebten zuflüstert.

 

 Helle Aufregung und Empörung im Bangkoker Department of Fine Arts und in dessen Regionalbüro in Nan im Februar letzten Jahres: Das Wandgemälde „Krasip rak“ wurde durch das Bangkoker Restaurant „Bed Supperclub“ entweiht. Ein angebliches Sakrileg. Für das Event des Restaurants („The Blind Affair“), bei dem thailändische Weine im Rahmen einer Wohltätigkeitsveranstaltung für die Thailand Association of the Blind verkostet werden sollten, wurde auf Werbeplakaten dem jungen Flüsterer ein Glas Rotwein in die Hand retuschiert und seiner Geliebten die Augen mit einem Tuch verbunden. Der Direktor der Kunstbehörde Nans, Methadon Wichakkhana, spricht von einem „beleidigendem Frevel, der die Gefühle der Menschen von Nan verletzt habe“. Eine öffentliche Entschuldigung des Restaurants wurde nicht akzeptiert. Das Department of Fine Arts  bereitet nun eine Klage vor.

 Wer sind die Tai Lue? Woher kommen sie? Wo leben sie?Was verschafft dieser Tempelfreske im Wat Phumin ein solch’ ikonisches Image?
Zur Beantwortung dieser Fragen sind einige historiografische und soziokulturelle Betrachtungen zumindest im Abriss anzustellen.



Wat Phumin, Nan, Freske „Krasip rak“ („The Whispering“)
© werner dackweiler

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 1  poo marn yar marn  -  dieser Schriftzug ist in Lanna Thai - Lettern über dem Gemälde angebracht. Im zentral-thailändischen bedeutet er ‚Großvater’ bzw. ‚Großmutter’. Im Lanna Thai - Dialekt werden hierfür hingegen die Wörter ‚poh oui’ und ‚mae oui’  benutzt. ‚Poo marn yar marn’  beinhaltet tatsächlich jedoch eine respektvolle Anrede von burmesischen Männern und Frauen [PRABRIPOO a]. 

2 Tai Lue  (Tai Lü)  - Volksgruppe der „Tai -  Familie“, auch Dai, Dai Lue, Tai Lu, Sipsongpanna Tai, Xishuangbanna Dai, UpperTai, Northern Tai, chinesische Shan, Water Dai, Shui Dai, Dai Le  genannt.

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Nan -  Hauptstadt der Tai Lue und Teil des Lan Na Tai-Reiches

 

 


Etwas abgeschieden und beschaulich, im östlichen Nordthailand grenznah zur laotischen Provinz Sayabuli (Xayaboury) gelegen, ist die weniger bekannte Provinz Nan und ihre gleichnamige Hauptstadt3 mit seinen rund 25.000 Einwohnern für Geschichts- und Kulturinteressierte wie auch für Naturliebhaber gleichermaßen ein spannendes Reiseziel und Refugium. Reizvoll, von bis zu

 

2000 m hohen, unwegsamen Bergen umgeben, liegt die Stadt Nan im ausgedehnten grünen Bassin des gleichnamigen Flusses (Maenam Nan).

Einst ein unabhängiges Königreich, konnte es erst 1931 nach dem Tod des letzten Königs von Nan vollständig in das siamesische Staatswesen integriert werden.

Fern von Bangkok fand Nan noch in den 1960er Jahren keinerlei Erwähnung in deutschsprachigen Thailandführern. Zu gefährlich, unwegsam, abgelegen und beschwerlich war diese Gegend Thailands für Reisende.

In den frühen 80er Jahren hatte man in der gesamten Provinz Nan große Probleme mit kriminellen Banden und Guerillas der People’s Libertation Army of Thailand (PLAT), die, unterstützt von Laos und Vietnam, in nächtlichen Aktionen Überlandstraßen zerstörten, in den Bergen illegale Radiosender betrieben und deren Ziel es war, eine kommunistische Regierung an die Macht zu bringen. Erst in den 90er Jahren gelang es der thailändischen Armee den Freischärlern das Handwerk zu legen.

  

Besiedlung Nans durch Tai-Stämme – Entstehen der Mueang

 Viele Funde belegen eine prähistorische Besiedlung des fruchtbaren Nan-Tals, die sich mit der Einwanderung von Lawa-Stämmen4 und nachrückenden Khmer-Ethnien sowie früh-buddhistischen Mon5 fortsetzte, jedoch erst eine entsprechende Bedeutung erlangte, als sich mehrere Mueang6 zugewanderter Tai7-Stämme im mittleren und oberen Abschnitt des Mekong-Beckens bildeten, deren Alltagsleben traditionell vom Nassreisanbau in den Bergflussebenen bestimmt wurde (GRABOWSKY 2004 a).

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Nan – ist auch gleichzeitig die Hauptstadt des Landkreises (Amphoer Mueang).


Lawa  (thai: Lua) – animistische, indigene, schriftlose Volksstämme, der austro-asiatischen Sprachfamilie zugehörend. Ihre ursprünglichen Siedlungsgebiete lagen wohl im Quellgebiet des Ping  Flusses und erstreckten sich bis in die heutige Region des Changwat Tak. Sie wurden sodann durch die eindringenden Mon5  unter Führung der Königin Chammathewi / Chamadevi  (Tochter des Mon - Königs von Lovo / Lopburi) in umliegende Bergregionen verdrängt. Viele spirituelle, religiöse Überzeugungen und Rituale der Lawa  wurden von den Mon  teilweise übernommen, die diese später wiederum an die Tai 7 weitergaben. Teile von Siedlungen der Lawa  finden sich noch heute in Chiang Mai  und Lamphun (Wiang Mano, Wiang Tha Kann, Wiang Tho).

5  Mon  (Talaing) – indigene Volksstämme mit einer Schriftsprache, welche zu den ältesten Bewohnern Birmas sowie Zentral- und Nordthailands zählen. Durch rege Kontakte sowie Handelsbeziehungen zu Indien,

nahmen die Mon  den frühen Buddhismus an und verbreiteten neben diesem auch indische Kunst und Architektur, wie auch wahrscheinlich ebenfalls die Konzepte von Staat und politischer Organisation (Indianisierung Südostasiens). Die Mon  begründete bedeutende Königreiche im heutigen Thailand und Myanmar (Pegu, Dvaravati, Haripunjaya / Haripunchai, heutiges Lamphun) und herrschten in Nordthailand 500 Jahre lang, bis sie dabei 1292 von den Tai abgelöst wurden.

 6  Mueang – (shan: Meng, chinesisch: Mong, Moeng) ein elastischer, komplexer Begriff, der fein differenzierte Bedeutungsvarianten aufweist. Ein Begriff, sowohl einen räumlich organisierten, verwalteten Bezirk in seinen meist festen Grenzen beschreibt, als auch übertragende Bedeutung hinsichtlich einer politischen und sozialen Organisationsform mit gleichzeitig persönlich-lokalen Beziehungen beinhaltet. Ein Mueang  kann eine Stadt sein, mehrere Dörfer, ein Fürstentum, ja sogar ein gesamter Staat. Selbst heute sprechen  die Thai  umgangssprachlich von ihrem Land als „Mueang Thai“ und nicht von „Prathet Thai“ (Laos: „Mueang Lao“). Auch werden Provinzhauptstädte als „Amphoe Mueang“ bezeichnet und viele weitere Verwaltungseinheiten tragen das „Mueang“ in ihrer Namensbezeichnung ( GRABOWSKY 2004 a, Seiten 4ff , GRABOWSKY 2006).

Tai – die „Tai-Stämme“ bezeichnen Völker eines gemeinsamen kulturellen und linguistischen Ursprungs, die sich später jedoch differenziert haben. Die Schreibweise „Tai“ oder auch „Dai“ hat sich zur umfassenden wissenschaftlichen Kennzeichnung der Sprachgruppe und der darunter zählenden Völker durchgesetzt, wobei mit dem Begriff „Thai“ lediglich die Bewohner Thailands benannt werden. Nach den Chinesen bilden die Tai  mit ca. 70 Millionen Zugehörigen die größte Bevölkerungsgruppe des südostasiatischen Festlandes. Wir unterscheiden bis zu 80 ethnisch verschiedene Tai-Stämme.  In Thailand und Laos sind dieTai  staatstragende Völker und in großer Anzahl siedeln sie in Myanmar (Shan - Staat), in Südchina sowie in Tonking (Nordvietnam). Selbst bis nach Indien reicht ihre Verbreitung (Ebene des Brahmaputra).

Die Tai - Sprachen zählen durch ihre Vielfalt verschiedener Ethnien im südostasiatischen Raum zu der zahlenmäßig verbreitetsten sowie zu der literarisch bedeutendsten Sprachgruppe. Nach bislang herrschender Auffassung  gehören die Tai - Sprachen zur sinotibetischen Sprachfamilie („Tai Kadai-Sprachgruppe“), was durch neueste Untersuchungen wohl bezweifelt wird. 76 einzelne Sprachen werden zur „Tai Kadai-Gruppe“ gerechnet

( Sprachklassifizierung :Tai-Kadai, Kam-Tai, Be-Tai, Tai-Sek, Tai ). Sie ähneln sich derartig stark, dass man bereits fordert, sie aus der sinotibetischen Sprachfamilie auszugliedern, zumal sie sich von den sionotibetischen  Sprachen relativ stark unterscheiden.

Zu Thai / Tai: …“ Die modernen Thais  im heutigen Thailand mögen deren (der Tai) Nachfahren sein – jedoch können sie ebenso gut Nachfahren der Khmer oder Mon - Stämme sein“…  „Die thailändische Kultur, Zivilisation und Identität scheint sich über mehrere Jahrhunderte herausgebildet zu haben als Folge der Interaktion der Tai - Völker mit den Kulturen indigener und später immigrierender Völker“ … (WYATT 1984).

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Nan – die Hauptstadt derTai Lue als Teil des Reiches von Lan Na
© werner dackweiler



Erste Tai-Ansiedlungen fanden sich lose organisiert zu diesen anfänglich kleinen Mueang zusammen. Das Gebiet eines Mueang war räumlich auf das Tal ihrer Bewohner beschränkt. Feste Grenzelinien im europäischen Sinne gab es nicht, vielmehr räumliche Grenzzonen wie Gebirgszüge und Wasserscheiden (GRABOWSKY 2004 a). Sie nannten sich selbst „khon mueang“ („Einwohner des kultivierten Landes“), im Gegensatz zu den unzivilisierten „khon doi“ („Einwohner der Berge“, „Bergstämme“) oder den „khon pa“ („Einwohner des Waldes“), die sich in einem herrschaftsfreien sozialen Raum befanden und auch als „kha“ (Sklaven, Diener, Hörige) bezeichnet wurden. Hier werden die Interdependenz und das Herrschaftsverhältnis zwischen den eingewanderten Tai und den indigenen Teilen der Bevölkerung deutlich (GRABOWSKY 2004 a). Der Begriff des Mueang implizierte staatliche, administrative Macht, im Gegensatz zu den Ban (Dörfer) [GRABOWSKY 2010].

Fortschreitend bildeten sich größere, auch multiethnische Mueang mit einer gewissen Binnenstruktur, die schon mehrere Dörfer und Orte mit ihrem dazugehörenden Umland umfassen konnten. Große Mueang wurden durch eine befestigte Stadt oder Dorf, das sogenannte Wiang beschützt.

Es entstanden in einer südostasiatisch-südchinesischen Kontaktzone
kleine semiautonome Fürstentümer durch Bildung von Allianzen zwischen mehreren Mueang-Führern, die sich unter einem Führer aus ihren Reihen vereinigten, geprägt von persönlichen Beziehungen und Abhängigkeiten untereinander. Die einzelnen Mueang blieben aber weitgehend autonom, regierten sich selbst, lose vereint unter der „Herrschaft“ ihres „Fürsten“.

Herrscher gründeten ihre Macht mehr auf die Kontrolle und Verfügbarkeit von Arbeitskräften, nicht primär auf den dauerhaften Erwerb neuer Territorien (GRABOWSKY 2004 a). Ausreichende Arbeitskräfte garantierten die Bewältigung des Reisanbaus, der wohl vorherrschenden Wirtschaftstätigkeit. Für den Herrscher mussten durch die „Gemeinfreien“ (phrai) Frondienste von sechs Monaten im Jahr geleistet werden. Der Führer eines Mueang verteidigte das Tal und schütze seine Bewohner vor Gefahren von außerhalb, dies als Gegenleistung für ihre Arbeit, Legitimation seiner politischen Herrschaft.

War der Führer eines Mueang Angehöriger einer Adelsfamilie, so wurde das befestigte Wiang ein Chiang (z.B. Chiang Mai, Chiang Rai, Chiang Saen). Der „Fürst“ war der Chao Mueang, der Herr des Mueang, dessen Amt in der Vaterlinie erblich war. Er war der alleinige Eigentümer des Bodens, somit auch einzige Verbindung zu den „Schutzgeistern des Bodens“. Im unterstanden die Chao Ban, die „Dorfersten“.


Haus des Chao Ban in Chiang Khaeng, heute Mueang Sing / Laos
© werner dackweiler
 

Durch Übernahme des Frühbuddhismus von den sakralen Königreichen der Mon und der Burmesen als „Staatsreligion“, wurden die Fürsten zu Chao Fa, zu „Prinzen“, zu „Himmelsherren“, die ihre Herrschaft nun auch durch ihre quasi „göttliche Stellung“ innerhalb des buddhistischen Weltbildes legitimierten.

Das interessanteste Charakteristikum des politischen Systems der Tai war ein aufrichtiger Paternalismus. Die Thai umschreiben ihn mit dem Satz „Father governs children“. Jeder Angehörige eines Mueang konnte persönlich seine Probleme dem Herrscher vortragen. Zu diesem Zweck gab es sogar eine Glocke am Palast.
Es formierten sich die ersten traditionellen, zentralisierten Gemeinwesen der Tai, die trotz der Unterschiedlichkeit der einzelnen Tai-Völker sehr ähnliche soziokulturelle Wertsysteme aufwiesen. Diese prägenden Faktoren einer  vormodernen Staatenbildung durch freiwillige Vereinigung, durch persönliche Bindungen, Wertsysteme, lokaler Autonomie und Paternalismus als Legitimation der Herrscher, waren gewissermaßen die Grundlagen der „Tai-Herrschaft“ und der Bildung einer „Tai-Identität“ 7, bis später die Monarchie  Ayutthayas entstand, welche nach Khmer- und Hindu-Vorbild zentralistisch organisiert war, mit einem absolutistischen Herrscher als „Gottkönig“ an der Spitze.

  

Die Gründung des Mueang Nan und seine wechselvolle Geschichte

An der südwestlichen Peripherie des chinesischen Reiches bildeten sich zunehmend autonome Tai-Fürstentümer heraus, deren Eliten schließlich die Herrschaft auch über mehrheitlich aus „Nicht-Tai“ bestehende Bevölkerungsteilen übernahmen und diese sprachlich und kulturell assimilierten. So lässt sich z.B. der weitaus größte Teil der heutigen Bewohner Thailands auf Mon-Khmer-Vorfahren zurückführen.

Erste frühe Tai-Siedler in den Tälern Nans, die zum Herrschaftsgebiet des Pegu-Reiches (heute Bago) in Burma gehörten, waren wohl ethnische Tai aus dem laotischen Reich Lan Chang, „Land der Elefanten“ (laotisch: Lan Xang) deren Erstarken im späten 13. Jahrhundert zur Gründung des ersten kleinen Nan-Fürstentums mit der Hauptstadt in Mueang Pua8 durch Phaya Pu Kha führte (1282), nachdem sich die Tai zuvor von der Herrschaft der Peguaner und Khmer befreien konnten. Ihre Fürsten entstammten der Phukha Dynastie, Verwandte der Gründer von Vientiane. Im 14. Jahrhundert wurde der Regierungssitz von Pua mit seinen reichen Steinsalzlagerstätten ins heutige Nan9 verlegt.

Annähernd zeitgleich mit der Gründung des Sukhothai-Reichs und des Königreichs von Phayao, schlossen sich gegen Ende des 14. Jahrhunderts neun Tai- Lao -Fürstentümer und Prinzipalitäten10, so auch Nan, unter König Mengrai zum Reich Lan Na Tai11 zusammen, dem mächtigsten Reich im Norden während der Sukhothai-Periode. Chiang Mai wurde als Hauptstadt jahrhundertelang kulturelles und politisches Zentrum Lan Na Tais. 

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8   damaliger Name „Wara Nakhon“, auch „Varanagara

  damaliger Name „Nanthaburi Sri Nakhon Nan“, auch „Chiang Klang“-mittlere Stadt

10  Nan, Chiang Sean, Chiang Mai, Chiang Rai, Chiang Kham, Fang, Phrae, Lampang, Chiang Khong

11  vollständiger Name: „anachak lan na tai,“, „(Land der) tausend Reisfelder“, heute „Lanna Tai

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Die wohl überwiegend vertretene Auffassung, dass das Reich von Lan Na (1296-1558) ein homogenes, von Chiang Mai aus regiertes Königreich gewesen sei, wird wohl nach neueren kritischen Vergleichen der Tai-Chroniken mit chinesischen Quellen durchweg bezweifelt. Letztere beschreiben Lan Na als zwei temporär rivalisierende Herrschaftsräume (Chiang Mai und Chiang Saen).

Der Theravada Buddhismus wurde zur Staatsreligion erklärt und half die kulturell unterschiedlichen Mueang zu einem Reich zu einen. Ein von König Mengrai neu eingeführter Gesetzeskodex basierte auf buddhistischen Grundlagen.

Der Stadtstaat Nan florierte unter dem Namen Chiang Klang („Mittlere Stadt“), in Anspielung auf die geografische Position Nans, nahezu mittig zwischen Chiang Mai („Neue Stadt“) und Chiang Thong („Goldene Stadt“, das heutige Luang Prabang). Aufgrund seiner abgeschiedenen Lage am Rande des Lan Na Tai- Reiches, hatte Nan wenig Außenkontakte zu den anderen Königreichen und Fürstentümern.

Sein Einfluss blieb lokal begrenzt. Indes pflegte Nan engere Kontakte mit dem Sukhothai-Reich, da dieses über den Süden einfacher zu erreichen war. Im Gegensatz zu Sukhothai und später Ayutthaya, wurde Nan stärker von den Einflüssen der Mon und Khmer, aber auch der Burmesen geprägt. Im 15. Jahrhundert wurde Nan zum Vasallenstaat des Königreichs Lan Na Tai,welches selbst wiederum wechselweise Vasall Chinas und Burmas (Mon-Königreich Pegu, Shan-Königreich Ava) war. Teilweise bestand ein auf doppelter Loyalität fußendes Vasallentum zu China und Burma.

Als Lan Na 1558 unter burmesische Kontrolle geriet, versuchte sich das weiterhin semiautonome Fürstentum Nan mehrfach erfolglos der burmesischen Herrschaft zu entziehen, bevor es letztendlich im Jahre 1714 unter direkte burmesische Verwaltung geriet und viele Bewohner als Arbeitskräfte nach Burma deportiert wurden.

1788 konnten die erstarkten Siamesen die burmesischen Besatzer besiegen und Nan hatte sich den neuen Herrschern zu unterwerfen. Im Zuge des „Paknam-Zwischenfalls“ 12  (1893) zwang Siam den König von Nan zur Abtretung eines großen Teils des östlichen Nans an Frankreich, eine Reaktion des siamesischen Herrscherhauses im Zuge einer Nationalstaatsbildung, wie auch andere periphere Machtzentren (Fürstentümer der Nordthai, Lao, Malaien) zugunsten einer territorialen Demarkation des Staates und der Einrichtung eines zentralistischen Verwaltungssystems beschnitten wurden (BUERGIN 2000).
Bis 1931 war es nicht gelungen Nan von Bangkok aus zu administrieren. Dies gelang erst, als dem ehemaligen Fürstentum der Status eines Changwat13 zuerkannt wurde (Thesaphiban – Reform des Prinzen Damrong Rajanubhab).
Im 20. Jahrhundert unterhielt  Nan als semiautonomes Fürstentum enge Beziehungen nicht nur zu Lan Na und Luang Prabang, gleichfalls auch zu den Tai Lue Sipsongpannas14 im südlichen China.  

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12Paknam-Zwischenfall“ –  diplomatische Umschreibung einer Erpressung: Frankreich beanspruchte die siamesischen Gebiete östlich des Mekong. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, blockierten die Franzosen mit Kanonenbooten die Zufahrt nach Bangkok auf dem Maenam Chao Phraya in Höhe Paknam, jetzt Samut Prakan. 

13 Changwat – Verwaltungsbezirk (Provinz) 

14 Sipsongpanna (chin.: Xishuangbanna, vormals tai lue.: Moeng Lue) – tai für „(Land der) zwölftausend Reisfelder“ (wohl mehr administrative Einheiten/Steuerbezirke/“tax collection regions“). Heute autonomer Bezirk/Präfektur im subtropischen südlichen Yunnan (Südchina). Jahrhundertelang eigenständiges Tai-Fürstentum gleichen Namens mit der Hauptstadt Jinghong (tai: Chiang Rung).

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Einwanderung der Tai Lue nach Nan


Nach den Tai Yuan15, der bevölkerungsstärksten Tai-Gruppe im Norden Thailands, bilden die Tai Lue in Nan mit rund 54.000 Angehörigen16 den zweitgrößten Teil der Einwohner des Changwat. Ihre Heimat sind die Grenzgebiete im heutigen Yunnan/Südchina, Laos, Myanmar und Thailand, nachdem sie aus dem heutigen nordwestlichen Vietnam dort einwanderten.

Das Volk der Tai Lue besitzt eine der am besten schriftlich belegten Historie, wohl beginnend mit den Chroniken von Moeng Lue (Sipsongpanna), bis hin zu den Nan-Chroniken, die zu den bedeutendsten in Nordthailand zählen.

Das erste Lue–Königreich „Chiang Hung“ (auch Heokam) wurde bereits im Jahre 1180 in Yunnan/China gegründet, nachdem man die ansässigen Volksstämme der Akha17 besiegt hatte.   

 

 

Akha-Frau in Nan
 © werner dackweiler

Das Reich um die Stadt Chiang Hung, die heutige Hauptstadt Jinghong (thai: Chiang Rung, „Stadt der Morgenröte“) der chinesischen Präfektur Sipsongpanna, erlebte seine Blüte im 13. Jahrhundert und umfasste weite Gebiete des Hochlandes von Nordlaos und Südchina. Zeitweise waren die Tai Lue die unbestrittenen Herrscher der nördlichen Tai-Reiche (Luang Prabang, Reich der Tai Dam). Detaillierte Schilderungen in einheimischen Handschriften und der Chronik von Nan berichten von Eroberungen durch die Yuan-Dynastie18  (1292), Lan Na Tai und die Burmesen (1558) mit Tributpflichten, Zwangsumsiedlungen und massiven Bevölkerungstransfers. Die Burmesen waren es auch, die 1570 Chiang Hung zwecks Steuererhebung in zwölf Verwaltungseinheiten aufteilten (zwei im heutigen Laos, zehn in China) und es Sipsongpanna nannten (tai/dai/thai: sip-zehn, song-zwei, pan-tausend, na-„Land). Thronstreitigkeiten in Chiang Hung lösten weitere Wanderungen der Tai Lue in Richtung Süden aus.

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15 Tai Yuan – (auch Tai Yonok, Phoong Dam, Black-Bell Lao), die sich selbst die „Khon Mueang“ nennen und zur Familie der Tai-Völker gehören (Sprache: Kam Mueang), stammen ursprünglich aus Südchina. Während der Regierungszeit König Rama I. wurden viele Tai Yuan  gezwungen von Chiang Saen aus in andere Städte Siams, u.a. nach Nan, zu immigrieren (1804). Die Yuan sind Buddhisten, praktizieren aber gleichzeitig auch ihren Ahnen- und Geisterkult.  

16  Department of Provincial Administration, Bangkok 2007

17  Akha – animistisches Bergvolk, ursprünglich aus dem Hochland Tibets stammend, später die Bergkämme  Yunnans/China besiedelnd

18 Yuan-Dynastie – mongolisches Kaiserhaus, 1271 durch Dschingis Khans Enkel Kublai Khan proklamiert

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Nach drei Jahrhunderten burmesischer Herrschaft dringt im 18. Jahrhundert die siamesische Armee unter König Rama I. nach Sipsongpanna und Chiang Khaeng19 ein, um an die Burmesen verlorene Arbeitskräfte in die nördlichen Provinzen Siams zu deportieren. Auch Prinz Adthavorapango aus Nan marschierte in Chiang Hung ein, verschleppte dort lebende Tai Lue, um sie in Nan zwangsweise anzusiedeln. 1836 erzwingt der Lan Na Tai-Fürst Chao Kawila Bevölkerungs- umsiedlungen im südlichen Yunnan, um die östlichen Regionen Lan Na Tais, so auch das Nan-Tal, wieder zu bevölkern. Durch die chinesische Assimilierungs-politik unter  Mao Tse Tung ab Mitte des 20. Jahrhunderts, sahen sich weitere Tai Lue zur Ausreise gezwungen. Folge dieser Umsiedlungs- und Auswanderungs-wellen war die Verlagerung des Kulturbereichs der Tai Lue nach Süden.


Tai Lue Spinnerinnen in Sipsongpanna / Jinghong / Yunnan / China
 © werner dackweiler


Aufgrund seiner interessanten Historiografie wurde Nan ein Schmelztiegel unterschiedlicher Ethnien und Kulturen. Die Liste der im Laufe der Jahrhunderte in Nan siedelnden Ethnien ist lang: Bergvölker, Lawa, Mon, Burmesen, Khmer, Khmu, Lao, Shan und eine Vielzahl weiterer Tai-Völker.

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19  Chiang Khaeng -  (lao: Xiangkheng)  – heutiges Mueang Sing, Ort in Nordwestlaos, Provinz Luang Namtha , nahe der chinesischen Grenze

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Der in Nan arbeitende irischer Geodät  McCarthy beschrieb die Stadt vor
ca. 100 Jahren: 

…„The walls are in an excellent state of preservation, and are about two miles round. The rice fields are cultivated to their full extent, there being an excellent system of irrigation, which is not allowed to fall into decay. There are thousands of emigrants from Sip Sawng Panna, Khamus from Luang Phabang, and a growing population of Meo and Yao, for Nan is popular […]

 

 

Das Volk der Tai Lue in Nan

Heute leben geschätzte 1,2 Millionen Angehörige der Tai Lue (2000, www.infomekong.com) nicht nur in den südlichen und südwestlichen Teilen Yunans20, sondern auch in Thailand20, Laos, Vietnam und Myanmar. In Thailand bevölkern sie die Changwat Chiang Rai, Payao, Lamphun, Chiang Kham und Nan, wobei sie in Nan noch die stärkste kulturelle Präsenz aufweisen.

Tai Lue und die in Nan siedelnden Tai Yuan stehen sich kulturell recht nahe. Sprache, religiöse Vorstellungen, ihre Bekleidung und Handarbeiten wie auch ihre Küche ähneln sich sehr stark, im Detail sogar die einzigartige Anzuchtmethode von Reispflanzensetzlingen (Ed Na Mueang Loom). Eine kulturelle Einmaligkeit besitzen die Tai Lue jedoch mit ihren textilen Webmustern (lai nam lai – „fließendes Wasser“), die in der Webtechnik „ko“ (Kratzer) oder „luang“ (Durchstoß) hergestellt werden.

Die Lue, von den Chinesen wohl in Anspielung auf ihren Nassreisbau „Wassertai“ (chin. Shui Dai) genannt, leben in Nan überwiegend von der Landwirtschaft: Reis-, Obst- und Gemüseanbau. Trotz bzw. gerade wegen mannigfaltiger externer Faktoren die den Lebensstil der Lue verändert haben, sind  Nans Tai Lue wieder selbstbewusste Verfechter ihrer unverwechselbaren Kultur und ethnischer Identität, insbesondere ihrer religiösen Überzeugungen, Riten und Zeremonien, wie auch ihrer Sprache und Schrift und insbesondere ihrem textilem Kunst-handwerk geworden. Wachsender Tourismus und die Unterstützung durch Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen, lassen junge Leute z.B. wieder das Färben und Weben der traditionellen Tai Lue–Stoffe mit ihren typischen Mustern erlernen, ein Weg, ihre neu entdeckten identitätsstiftenden Elemente als Erbe zu erhalten.

 

 

Während all’ dieser Jahrhunderte bewahrt sich Nan mit seinen 64 Königen in Folge stets einen gewissen Grad an Autonomie, wesentlich begründet wohl durch seine Abgeschiedenheit, seine gebirgige Lage und seine eigenständige Kultur. Nans Historiografie und ihre Folgen, die Entstehung der Mueang und letztlich die Gründung Nans, spielten erkennbar eine bedeutsame Rolle bei der Herausbildung und Eigenwahrnehmung einer wohl ersten frühen eigenen Tai- Identität, die sich mit Mon- und Khmerethnien sowie weiteren Völkerschaften assimilierte und, teils staatlicherseits forciert, als Teil einer Thai-Gesamtidentität wiederfindet.
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20   83.000 Tai Lue in Thailand (Johnstone and Mandryk 2001), 280.000 in China (Zensus 2000)

 

 

Bibliografie

 


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